Bilder Blder von Elsa von Biela

Inselbote, im August 20.8.2004

 

Ein Sto1perstein gegen das Vergessen

Mit sogenannten Stolpersteinen will der Künstler Günther Demnig Opfer des Nationalsozialismus vor dem Vergessen bewahren. Nun bekommt auch Wyk einen solchen Stein. Er wird am Sonntag vor dem Hotel Atla:ntis verlegt, dem Haus, in dem einst Elsa von Biela lebte, die 1942 von ihr em  späteren Wohnort Dresden nach Riga deportiert wurde.
In vielen Städten gibt es sie inzwischen, die Stolpersteine des Kölner Künstlers Günter Demnig. Stolpersteine sollen an Menschen erinnern, die in der Zeit von 1933 bis 1945 Opfer der Nationalsozialisten wurden. Ihr Name, Jahrgang und Schicksal wird in ein Messingblech eingeschlagen, das in Beton gegossen wird. Die Steine können dann wie Pflastersteine vor den ehemaligen Wohnhäusern der NS-Opfer verlegt werden und sollen Passanten zum Innehalten, zum Nachdenken und zur Beschäftigung mit diesem finstersten Kapitel der deutschen Geschichte anregen. Finanziert werden die Steine durch Patenschaften.
Eine solche Patenschaft hat die aus Wyk stammende Historikerin Dr. Karin de la Roi-Frey übernommen. Als im vergangenen Jahr die ersten Stolpersteine in Friedrichstadt verlegt wurden, hatte sie durch einen Bericht in unserer Zeitung von der Aktion erfahren. Eine konkrete ,"Kandidatin" für einen Stolperstein hatte de la Roi-Frey zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Sinn, doch als sie bei Recherchen über das Leben des lange auf F'öhr wohnenden Barons Wilhelm von Biela auf das Schicksal von dessen dritter Frau, Elsa stieß, war ihr schnell klar: Dieser Mensch sollte nicht vergessen werden. 29 Jahre alt und bildhübsch war die Hamburgerin Elsa Jacobson, als sie 1906 den Baron von Biela heiratete und zu ihm nach Wyk, an den Sandwall zog: Doch eine Beziehung zu Föhr hatte die junge Elsa schon vor der Begegnung mit dem Baron, der seit Ende des 19. Jahrhunderts auf Föhr lebte, im damals mondänen Badeort Wyk ein großes Haus direkt am Meer führte und Ländereien wie das Mühlengrundstück besaß. Elsa's Mutter Amahe war nämlich als Tochter des einflussreichen Wyker Konsuls und Reeders Levi Heymann auf Föhr aufgewachsen. Ein Mitglied der Familie Heymann, Heinrich Heymann, lebt noch in Wyk. Er hat Karin de la Roi-Frey, wie sie berichtet, bei ihren Nachforschungen intensiv unterstützt.
Bis zum Jahr 1930 lebte die Baronin von Biela in Wyk, wo sie sich sozial engagierte.Ein Rest ihrer Villa ist heute noch erhalten und nun Teil des Hotels Atlantis. 1924 verstarbWilhelm von Biela, 1930 die gerade erst 24 Jahre alte Tochter Hildegard; die an Tuberkulose litt. Nach diesem zweiten großen Verlust verließ Elsa die Insel und zog nach Dresden. Zunächst lebte sie hier in einer noblen Gegend, doch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten begann der von vielen Schikanen begleitete soziale Abstieg der Baronin jüdischer Herkunft. Zuletzt, so berichtet Karin de la Roi-Frey, lebte die einst so reiche Adelige zusammen mit drei weiteren Frauen in einer winzigen Wohnung. Im Januar 1942 wurde Elsa von Biela nach Riga deportiert - dann verliert sich ihre Spur. Ob sie je im Ghetto ankam, oder schon auf dem Transport an Krankheit, Entkräftung oder seelischer Not zu Grunde ging, konnte die Historikerin de la Roi-Frey bisher nicht herausfinden.
Ihr Anliegen ist es jetzt; das Schicksal dieser Frau, an die sich auf Föhr wohl nur noch ganz wenige erinnern, nicht völlig in Vergessenheit geraten zu lassen. Mit dem Ansinnen, vor dem früheren Wohnhaus der Baronin einen Stolperstein zu legen, lief sie bei Hotelier Jürgen Poschmann offene Türen ein. In einer Feierstunde soll der Stein nun am Sonntag, 22. August, um 11 Uhr gelegt werden.

 









Die ehemalige Villa der Baronin Elsa von Biela am Sandwall in Wyk auf Föhr






Einheimische, Kurgäste, Stadtvertreter, der Bürgermeister und Verwandte der Baronin Elsa von Biela am Morgen der Steinlegung vor ihrer ehemaligen Villa.



Fotos: K. de la Roi-Frey
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Bilder Blder von Elsa von Biela

Inselbote

23.8.2004

  Stolperstein  als Denkanstoß

Seit gestern erinnert ein Stolperstein vor dem Hotel Atlantis an die Jüdin Elsa von Biela, die lange in diesem Haus gelebt hatte; und 1942 nach Riga deportiert worden war. Zu der Feierstunde am Sonntagvormittag waren auch einige Angehörige der Baronin  von Biela angereist, ein Verwandter hatte sogar trotz Krankheit den weiten Weg von Kolumbien nach Föhr auf sich genommen. "Dieser Mensch hat sich bisher für uns ins Nichts aufgelöst, nun wird er ein Stück nach Hause geholt", meinte die Initiatorin des Wyker Stolpersteins, Dr. Karin de la Roi - Frey, als sie sichtlich bewegt an das Leben der Elsa von Biela erinnerte. Die Hamburgerin, verwandt mit der Wyker Famihe Heymann, hatte ,als Frau des Barons Wilhelm von Biela bis 1930 in dem Haus am Sandwall gelebt, das heute Teil des Hotels Atlantis ist. Nach dem Tod von Mann und Tochter zog Elsa von Biela dann nach Dresden. De la Roi -Frey, ging nicht nur auf die Föhrer Zeit der Baronin ein, sondern schilderte auch eindrucksvoll wie die Jüdin nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten immer stärkeren Repressalien ausgesetzt war, bis sie im Januar 1942 völlig entrechtet in einer eisigen Winternacht auf einem Dresdner Bahnhof auf den Abtransport nach Riga wartete. Ob sie lebend im dortigen Ghetto ankam, in dem kurz zuvor, um für weitere Transporte Platz zu schaffen, 30000 Menschen erschossen worden waren, ist unklar.
Neben Heinrich Heymann verfolgten Mitglieder der Familie von Biela, wie der Kölner Künstler Günther Demnig das Straßenpflaster aufklopfte und den Stein auf dem in einer Messingplatte die Lebensdaten der Elsa von Biela ein graviert sind, im Gehsteig verlegte. 3800 Stolpersteine hat Demnig inzwischen in ganz Deutschland, in über 50 Gemeinden zwischen Freiburg und Flensburg, vor früheren Wohnhäusern von NS-Opfern verlegt. Er empfinde angesichts zentraler Denkmäler Unbehagen, ihm sei es wichtig, die Namen dorthin zurück zu bringen, wo die Leute ihre Heimat hatten, sagte Demnig. Der Künstler lobte, wie unbürokratisch der Stolperstein in Wyk genehmigt wurde.
Nicht nur Atlantis-Hotelier Jürgen Poschmann hatte sofort der Gedenktafel vor seinem Haus zugestimmt, es gab auch kein aufwändiges Genehmigungsverfahren, das Thema wurde laut Bürgermeister Heinz-Georg Roth nur im Hauptausschuss angesprochen. Er freue sich, dass Wyk nun zur immer länger werdenden Reihe der Städte gehöre, in denen Stolpersteine als Zeichen gegen das Vergessen gesetzt wurden, sagte Roth.
"Wir haben in Schleswig-Holstein offenbar ein Stückchen gelernt, mit unserer Vergangenheit umzugehen", sagte Peter Köhler, Vorsitzender der Region Nord des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der DGB hat die Koordination der Stolperstein-Aktionen im Land übernommen.
Nachdem vor einem Jahr der erste Stolperstein in Schleswig-Holstein gelegt worden war, folgen nun in den nächsten Tagen eine ganze Reihe weiterer.




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